Dienstag, 17. April 2018

[Rezension] Michael Roher & Elisabeth Steinkellner: Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?

Michael Roher & Elisabeth Steinkellner: Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?


Der Inhalt

Der Aufstand der Märchenfiguren naht! Michael Roher und Elisabeth Steinkellner präsentieren gängige Märchen mal ganz anders erzählt: Hier sind Rotkäppchen und der Wolf dicke Freunde, Rapunzel trägt einen Bart, Elvis wird zu Hans im Glück und der fliegende Koffer mal eben zum Karton - Angefüllt mit kuriosen, lustigen Adaptionen altbekannter Märchen und einiger Neuschöpfungen wie dem Prinzessinnen-Kodex oder dem Gedicht vom lila Lachs ist dieses Buch eine wunderbare Lektüre für Jung und Alt!

°luftschacht Verlag (März 2013) | durchgehend illustriert | 168 Seiten | ISBN 978-3-902844-21-7 | EUR 17,40 € [DE], EUR 17,90 € [A]



Aufgrund dieser Gesetzeslage pfiffen weltweit viele auf ein Prinzessinnendasein und frönten einem Undercoverleben als Revolverheldinnen (ohne Schlossgemach mit rosa gerüschten Vorhängen).


Wenn Märchenfiguren randalieren

Das erste Mal begegnet ist mir "Wer fürchtet sich vorm lila Lachs" in einer Vorlesung zu Kinder- und Jugendliteratur von Dr. Heidi Lexe an der Universität Wien und hat mich seither nicht mehr losgelassen. Damals haben wir "Rapunzels erste Liebe" und zwei bis drei andere Ausschnitte aus der Märchensammlung untersucht und daran den Vorgang des Adaptierens konkretisiert. Ohne euch jetzt mit Formalitäten zu langweilen: Die offene, spielerische Art aktuelle Themen kindgerecht mit traditionellem Märchenstoff aufzubereiten hat mich sofort beeindruckt - und auch nach der Lektüre des Bandes kann ich nur wiederholt betonen: Es funktioniert - es funktioniert prima!

In Wirklichkeit war Rapunzel nämlich eigentlich männlich und hat nicht sein Haar, sondern seinen Bart vom Turm geworfen, um den gut aussehenden, Strumpfhosen tragenden Prinzen in sein Gemach zu lassen. Mit einer wunderbar humorigen, lebensfrohen Sprache bringen Roher und Steinkellner ihre Märchen aufs Papier und können einen beim Lesen derart verzaubern, dass man gar nicht merkt, wie die Seiten dahin schmelzen und das Lächeln auf den eigenen Lippen wächst.

Vorurteile? Wozu?

Eine meiner liebsten Geschichten war "Wolf und die sieben Greislein". Diese erzählt von sieben älteren Herren, die eine Haushaltshilfe suchen, von jeder Bewerberin und jedem Bewerber zunächst überzeugt sind, dann jedoch enttäuscht werden - bis Wolf auftaucht, ein großgewachsener, tätowierter Rocker. Vor lauter Vorurteilen haben die Greislein zunächst Angst vor Wolf, schließlich sieht er furchteinflößend aus, doch bald merken sie, dass es Vorteile haben kann, einen Mann im Haus zu haben, der liebenswürdig und stark ist und zu allem Überfluss auch noch wunderbar kochen kann.
Die sanfte Heranführung an Themen wie Obdachlosigkeit, Homosexualität, Diversität und Akzeptanz passt die zum Teil längst veralteten Sichtweisen traditioneller Märchen bravourös an die heutige Zeit an und sorgt für den notwendigen frischen Wind in der Märchenwelt.

Während sich das jüngere Publikum an den lustigen Anekdoten und den dazu passenden, herrlichen Illustrationen erfreuen können, fühlt man sich als erwachsener Mensch auf eine positiv-nostalgische Weise an die alten Märchen von Anders und den Grimms erinnert; und man bekommt dabei nie das Gefühl, den altbekannten Texten könnte nicht genüge getan werden. Im Gegenteil: Statt an eine sperrige Sprache und verstaubte Moral erinnern wir uns mit einem warmen Gefühl an unsere eigene Märchen-Lektüre und bekommen auf einmal große Lust, die alten Märchenbücher, die vielleicht schon viel zu lange im Regal verstauben, wieder hervorzukramen. 

Fazit

Elisabeth Steinkellner und Michael Roher schaffen mit ihrem Märchenband "Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?" eine fantastische Sammlung adaptierter Märchen, die nicht nur vor Humor, Witz und einnehmender Leichtigkeit in Sprache und Gestaltung sind, sondern auch aktuelle Themen kindgerecht und ernsthaft genug zur Sprache zu bringen, ohne sie zu überfrachten oder gar eine Moralkeule zu schwingen. Die einzelnen Märchen lesen sich leicht und flockig, zergehen geradezu butterweich auf der Zunge und bieten damit genau die richtige Lektüre zum Einschlafen oder für Zwischendurch. Ich kann Lila Lachs jedem uneingeschränkt empfehlen, egal ob jung oder alt, egal ob Kind oder nicht, jedem, der Gleichheit und Toleranz schätzt und/oder einfach nur mal wieder lächeln und für einen Moment lang Kind sein will. 


Wertung

♥♥♥♥


Vielen herzlichen Dank an den °luftschacht Verlag für das Rezensionsexemplar!




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