Donnerstag, 5. Oktober 2017

[Sonstiges] Mein Lesesumpf: Die eBook-Müdigkeit

Hallo meine lieben Bücherfüchse,


in der Regel fülle ich den Blog ja mit meiner Meinung über einzelne Bücher oder Mangas bzw. Comics, die ich in der Vergangenheit gelesen habe, halte meine Gedanken zu anderen (buchbezogenen) Themen aber so weit es geht zurück.

Vor zwei Jahren, als der Blog noch ganz neu und ich noch relativ unerfahren war, hatte ich eines Tages das Bedürfnis, mich über den Amazon-Effekt zu beschweren: Das Phänomen, das wir alle an uns selbst beobachten können, wenn wir ein neues Buch in der Hand halten - egal ob vor oder nach dem Kauf - und erstmal die Amazon-Bewertungen checken, uns davon beeinflussen lassen, was die breite Masse sagt, anstatt uns selbst eine Meinung zu bilden. Ich bin immernoch nicht frei davon, das gestehe ich. Aber ich würde gerne wieder mehr darauf achten, nicht in dieses Muster zu verfallen - mich mehr auf Blind Dates einzulassen, als auf gut durchgeplante Begegnungen. Auf unbekanntere Bücher, unbekanntere Autoren, Dinge, die eben noch nicht jeder kennt. Daraus ließe sich auch eine wunderbare Jahreschallenge für 2018 machen, findet ihr nicht? Hättet ihr Lust, an sowas teilzunehmen?

Mit unbekannteren Autoren und noch wenig gelesenen Büchern geht aber zumeist eine Sache einher, an der ich im Moment schwer zu knabbern habe: eine eisige, lähmende, unbefriedigende eBook-Müdigkeit. 


Ich weiß noch, wie ich im Jahre 2010 noch viel-zu-sehr-von-mir-selbst-überzeugt herausposaunte, dass ich niemals - wirklich nie, nie, niemals - einen eBook-Reader besitzen wollte, weil ich soetwas wie eBooks nicht brauchte und nicht wollte. Keine richtigen Bücher, schimpfte ich, kann man nicht anfassen, nicht riechen, nicht ins Regal stellen. Kann man nicht bewundern oder sammeln. Hat keine Seiten. Wozu brauche ich ein Buch ohne Seiten?

Als ich schließlich 5 Jahre später diesen Blog startete, im September 2015, da gab es plötzlich einen großen Umschwung. Self-Publisher und Jungautoren suchten Testleser und Rezensenten, um ihre Bücher bekannter zu machen. Julia Adrian, Julia Dessalles, Dominique Stalder, I. Reen Bow, Leann Porter und Stefanie Lahme. Alles ganz große Autoren, die sich aus ihrer Unbekanntheit herauskämpfen und eine Leserschaft aufbauen wollten - wohlverdient! Denn alle diese Autoren sind ganz ganz große Schriftsteller für mich, die ein unglaubliches Talent haben und die es damals noch zu entdecken galt.

Meine ewige Mätresse


Ich habe meinen Kindle geliebt. Ich konnte endlich Teil sein. Ich konnte den Autoren helfen und über sie bloggen - und ich konnte endlich nachts lesen, ohne eine Lampe zu brauchen, für die ich erst aufstehen musste, um sie auszumachen. Ich konnte einfach den Kindle zumachen und selig einschlafen. Und auch heute habe ich meinen Kindle fast überall dabei. Ich habe vielleicht knapp hundert eBooks auf meinem Reader, die ich täglich mit in die Uni oder auf Reisen mitnehme, ohne Kreuzschmerzen zu bekommen. Der Bildschirm spiegelt nicht, die Schriftart und Schriftgröße lässt sich genau nach meinen Bedürnissen einstellen und ich brauche nie wieder Lesezeichen, weil sich das eBook immer genau da öffnet, wo ich zuletzt aufgehört habe zu lesen. Und als stolze Drachenmondbloggerin bekomme ich immer genug Nachschub, um niemals buchlos dazustehen.

Warum bin ich also so müde? Wieso lese ich so langsam, wieso fühlt sich das stärkste, spannendste Buch wie eine zähe, blobartige Masse an, die ich nicht mehr richtig zu schätzen weiß? Wieso schaffe ich es nur noch eine, maximal zwei Rezensionen im Monat zu veröffentlichen, obwohl ich das Gefühl habe, nichts anderes zu tun als zu lesen?

Raus aus dem Sumpf


Die Antwort traf mich wie der Blitz, als ich diese Woche ein langersehntes Rezensionsexemplar vom Droemer Knaur Verlag in den Händen hielt: Verdammt, ich vermisse das Buch. Das richtige, quadratische, etwas dickliche Buch, mit ein paar Seiten mehr auf den Rippen, sodass mir manchmal die Hand einschläft, wenn ich versuche, es im Bett zu halten. Ich vermisse es, kleinlich und pingelich zu sein, wenn es darum geht, die Buchrücken meiner Taschenbücher zu beschützen, als sei ich eine wildgewordene Löwenmutter. Ich vermisse das Gefühl, ein Lesezeichen zwischen die Seiten zu schieben und prüfend einen Blick von oben auf das Buch zu werfen, um zu sehen, wie weit ich denn schon gelesen habe. Den Moment, wenn sich 50 Seiten schon wie ein kleiner Erfolg anfühlen, während mir auf dem Kindle lieblose 10% angezeigt werden - was soll das überhaupt bedeuten "10%"? 10% von wieviel? Wieviele Seiten habe ich denn schon? Wieviele fehlen mir denn noch? Nichts, kein Hinweis - nur eine Prozentzahl, eine langweilige, farblose, formlose, körperlose Zahl.

Jedes Buch hat eine eigene Form. Klein und dick, groß und schmal, groß und dick, klein und schmal - fast wie Menschen. Wenn ich Bücher lese, dann lerne ich sie kennen, meine Hände gewöhnen sich an ihre Form und manchmal passt sich ihre Form auch meinen Händen an, sie bekommen kleine Knicke und Biegungen, abgestumpfte Ecken und eingetrocknete Schokoladenkrümel. Mein Kindle dagegen - er bleibt steril, er bleibt immer gleich, er verändert sich niemals. Ich kann das 100. Buch beenden, das Gefühl in meinen Händen und die Optik, die sich in meinen Blick brennt, bleiben immer die selben. Und ich fühle mich generisch. Gelangweilt. Müde. Ich kann am Fernseher einen anderen Film einlegen, sehe andere Schauspieler, andere Farben, andere Kameraeinstellungen. Ich kann am Rechner das Computerspiel wechseln und sehe andere Farben, andere Pixel, andere Szenarien. Aber wenn ich am Kindle das Buch wechsle, sehen die Buchstaben genauso aus wie vorher, schwarz auf weiß, kleine Fischchen, die in Reih und Glied hinter dem kühlen Bildschirm flackern.

Ich vermisse das Buch.

Ich werde auch in Zukunft eBooks lesen, denn gerade als Bloggerin sind physische Rezensionsexemplare oft rar gesät und elektronisch einfach leichter zu bekommen. Aber ich möchte mich endlich auch wieder meinem Bücherregal zuwenden, in dem seit gefühlten Jahrtausenden Bücher stehen und nach mir schreien, sich danach sehnen, dass ich sie in die Hand nehme, sie aufschlage und endlich - endlich - lese. Von vorne bis hinten. Hat irgendwie was Romantisches, diese Liebe zum Buch. Mit jedem einzelnen habe ich eine ganz eigene Beziehung.



Aber das will ich ein anderes Mal erzählen.
Ich hoffe, dass mich diese Erkenntnis weiterbringt und mich aus dem Lesesumpf holt, indem ich gerade hüfttief stecke. Zu diesem Zweck möchte ich gerne an der Oktober-Challenge der lieben Ava Reed teilnehmen, #RanAnDenSuB, und dem Stapel ungelesener Bücher - dem echten Stapel, der hier neben mir steht - den Kampf ansagen.

Und ich hoffe, dass euch meine Gedanken ein Stück daran erinnert haben, wie schön es ist, ein Buch in der Hand zu halten - und dass eReader zwar nett und praktisch sind, das Buch, wie wir es lieben aber niemals ganz ersetzen können wird.

Ich wünsche euch einen schönen Tag.

Eure Bücherfüchsin <3

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